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Unterhalt für volljährige Kinder

02.06.2015
von Gisela Draak
Familienrecht

Die Unterhaltsverpflichtung von Eltern gegenüber ihren Kindern endet nicht automatisch mit Eintritt der Volljährigkeit; vielmehr haben auch volljährige Kinder einen Unterhaltsanspruch, sofern sie sich in der Schul- oder Berufsausbildung befinden und keine eigenen Einkünfte bzw. nicht ausreichende eigene Einkünfte erzielen. Allerdings ergeben sich mit Eintritt der Volljährigkeit zum Teil erhebliche Änderungen für die Berechnung des Unterhaltsanspruches.



1. Höhe des Unterhaltes

Die Höhe des Unterhaltsbedarfs eines volljährigen Kindes hängt davon ab, ob es über einen eigenen Hausstand verfügt oder ob es noch im Haushalt der Eltern bzw. eines Elternteils lebt.
 Bei volljährigen Kindern mit eigenem Hausstand beträgt der angemessene Bedarf – ohne Rücksicht auf die Höhe der Einkünfte der Eltern – in der Regel monatlich 670,00 €; hierin nicht enthalten sind eventuell erforderliche Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung sowie Studiengebühren.

Lebt das Kind dagegen noch im Haushalt eines Elternteils, bemisst sich der Unterhaltsbedarf nach der Düsseldorfer Unterhaltstabelle und ist damit abhängig von der Höhe der Einkünfte beider Elternteile.

Für volljährige Kinder ergibt sich der Unterhaltsbedarf aus der vierten Altersgruppe. Auf den so ermittelten Unterhaltsbedarf wird sodann – anders als bei minderjährigen Kindern – das Kindergeld nicht mehr lediglich zur Hälfte, sondern in voller Höhe angerechnet.

Befindet sich das volljährige Kind in der Berufsausbildung und erzielt es eine Ausbildungsvergütung, so ist diese ebenfalls auf den Unterhaltsbedarf anzurechnen. Lebt das volljährige Kind noch im Haushalt eines Elternteils, so verbleibt ihm allerdings von dieser Ausbildungsvergütung ein Betrag in Höhe von 90,00 € zur Abdeckung eines ausbildungsbedingten Mehrbedarfs anrechnungsfrei. Bei volljährigen Kindern mit eigenem Hausstand wird die Ausbildungsvergütung in voller Höhe auf den Unterhaltsbedarf angerechnet.



2. Wer ist zur Zahlung des Unterhaltes verpflichtet?

Während für die Zeit der Minderjährigkeit in der Regel nur derjenige Elternteil zur Zahlung des Unterhaltes verpflichtet ist, bei dem das Kind nicht lebt – der andere Elternteil erfüllt seinen Teil der Unterhaltsverpflichtung in Gestalt der Betreuung des Kindes – trifft grundsätzlich mit Eintritt der Volljährigkeit die Barunterhaltsverpflichtung beide Elternteile. Das heißt, beide Elternteile haben Unterhalt in Geld zu entrichten; dies gilt auch für denjenigen Elternteil, bei dem das Kind lebt. Die Verteilung der Unterhaltsverpflichtung auf die beiden Elternteile erfolgt anteilig und zwar im Verhältnis der Einkünfte der Eltern zueinander abzüglich eines angemessenen Selbstbehaltes von in der Regel 1.200,00 €.

Beispiel: Das volljährige Kind befindet sich in der Berufsausbildung, lebt im Haushalt seiner Mutter und erhält eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 300,00 € netto. Darüber hinaus wird Kindergeld in Höhe von 184,00 € gezahlt. Der Unterhaltsanspruch wird in diesem Fall nach der Düsseldorfer Unterhaltstabelle berechnet, und zwar nach dem zusammen gerechneten Nettoeinkommen beider Elternteile. Angenommen der Vater verdient 2.400,00 € netto, die Mutter 1.400,00 € netto; ergibt folgende Berechnung.



Unterhaltsbedarf (nach Düsseldorfer Unterhaltstabelle)


664,00 €

abzüglich Kindergeld

184,00 €

abzüglich Ausbildungsvergütung (300,00 € – 90,00 €)

210,00 €

ungedeckter Unterhaltsbedarf:

270,00 €

Dieser Betrag wird auf beide Elternteile gemäß folgender Berechnung aufgeteilt:

Einkommen des Vaters:

2.400,00 €

abzgl. Selbstbehalt

1.300,00 €

1.100,00 €




Einkommen Mutter:
1.400,00 €

abzgl. Selbstbehalt

1.300,00 €
   
100,00 €

Die Eltern haben den Unterhaltsbedarf ihres Kindes im Verhältnis 1.100,00 € zu 100,00 €. Dies entspricht einer anteiligen Haftung von 91,66 % ( zu Lasten des Vaters ) und 8,34 ( zu Lasten der Mutter ). Der Vater hat somit den ungedeckten Unterhaltsbedarf in Höhe von rund  248,00 € und die Mutter in Höhe von rund 22,00 € abzudecken.



3. Dauer des Unterhaltsanspruchs

Volljährige Kinder sind grundsätzlich so lange unterhaltsberechtigt, wie sie sich in der Schul- oder Berufsausbildung befinden und diese ernsthaft betreiben.

Der Unterhaltsanspruch endet in der Regel mit Abschluss der Berufsausbildung. Die Eltern haben grundsätzlich nur eine angemessene Berufsausbildung zu gewähren; sie sind in der Regel nicht verpflichtet Unterhalt zum Zweck des Erlangens einer weiteren oder neuen Ausbildung zu zahlen. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes jedoch in den so genannten “Abitur-Lehre-Studium”-Fällen. Es handelt sich dabei um den nicht ganz ungewöhnlichen Ausbildungsverlauf eines Kindes, das erst Abitur macht, dann eine Lehre absolviert und anschließend studiert. Obwohl in diesen Fällen bereits eine Berufsausbildung beendet ist, bejaht der Bundesgerichtshof einen weiteren Unterhaltsanspruch dann, wenn das Studium in einem inhaltlichen Zusammenhang mit der Berufsausbildung steht und zeitlich kurz nach Beendigung der Berufsausbildung aufgenommen wird.
Deshalb besteht z.B. ein Unterhaltsanspruch dann, wenn das Kind nach dem Abitur zunächst eine Banklehre absolviert und dann z.B. Betriebswirtschaft studiert.



Die in der Ausbildung befindlichen Kinder haben die Verpflichtung, die Ausbildung ernsthaft zu betreiben und zügig zu durchlaufen. Ein “Bummelstudium” muss von den Eltern also nicht finanziert werden. Das volljährige Kind muss – wenn es sich in keiner Ausbildung mehr befindet – jede Art von Tätigkeit, auch Hilfstätigkeiten, aufnehmen. Allerdings ist für die Arbeitsplatzsuche nach Beendigung einer Ausbildung oder für die Zeit zwischen Beendigung der Schulausbildung und Lehre oder Studium einem volljährigen Kind eine Orientierungsphase von ca. 3 Monaten zuzubilligen, während der der Unterhalt fort zu entrichten ist.


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