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Erben und Vererben mit Planung

07.04.2021
von Dr. Christoph Schlüter
Erbrecht

Nach Angaben des Informationsdiensts des Instituts der deutschen Wirtschaft vom 19.06.2020 werden in der Bundesrepublik Deutschland jedes Jahr schätzungsweise 200 bis 400 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt.

Es findet daher Jahr für Jahr ein enormer Vermögenstransfer statt.

Bestehen keine lebzeitigen Planungen in Form eines Testaments oder eines Erbvertrags wird das Erbe nach den gesetzlichen Bestimmungen unter den Verwandten und dem Ehegatten verteilt (gesetzliche Erbfolge).

Was bedeutet die gesetzliche Erbfolge?

In diesem Fall erben zunächst der Ehepartner und Verwandte der sogenannten ersten Ordnung. Hierzu gehören die eigenen Kinder, Enkel und Urenkel. Nur wenn keine Nachkommen erster Ordnung vorhanden sind, fällt der Nachlass den Erben der zweiten Ordnung zu. Hierbei handelt es sich um die Eltern des Verstorbenen, seine Geschwister, Nichten, Neffen. Nur wenn es auch keine Erben der zweiten Ordnung gibt, kommen die Verwandten dritter Ordnung in Betracht, also die Großeltern des Verstorbenen und deren Kinder und Kindeskinder.

Ist weder ein Ehegatte noch ein Verwandter vorhanden, erbt der Staat.

Ein konkretes Beispiel:
Stirbt bei einer vierköpfigen Familie (Eheleute und 2 Kinder) der Ehegatte, dann erben die Ehefrau und die beiden Kinder. Haben die Ehegatten den Güterstand der Zugewinngemeinschaft gewählt (dieser gilt immer, wenn kein anderer Güterstand vereinbart worden ist), dann erbt die Ehefrau die Hälfte des Vermögens und die Kinder je ein Viertel.

Nicht immer entspricht die beschriebene gesetzliche Erbfolge den Vorstellungen des Erblassers. Schließlich können die Erben, die in einer Erbengemeinschaft verbunden sind, durchaus unterschiedliche Vorstellungen davon haben, was mit dem Erbe zu geschehen hat. Möglicherweise möchte die Ehefrau in unserem Beispielsfall in dem Haus wohnen bleiben, während die Kinder das Haus verkaufen wollen, um über eigene liquide Mittel verfügen zu können. Wie soll dies geregelt werden? Muss dafür erst das Haus verkauft werden?

Durch ein Testament oder einen Erbvertrag können Regelungen für den Erbfall entwickelt werden. Hierdurch kann frei bestimmt werden, wer erben soll. Gesetzliche Erben können ganz oder teilweise vom Erbe ausgeschlossen werden. Je nach individueller Situation sind verschiedene Lösungen denkbar.

Nachstehend seien einzelne Stichpunkte genannt:

Besonders bekannt ist das sogenannte Berliner Testament. In diesem Fall setzen sich die Eheleute gegenseitig zu alleinigen und unbeschränkten Vollerben ein. In dem oben genannten Fall hätte dies zur Folge, dass die Ehefrau die Immobilie und das restliche Vermögen allein erbt. Die beiden Kinder würden also erst erben, wenn auch die Mutter verstirbt. Aber Achtung, den Kindern steht nach dem Tod ihres Vaters ein sogenannter Pflichtteil zu. Das bedeutet, dass Ihnen gegenüber der Mutter ein Anspruch auf Geldzahlung in Höhe der Hälfte des Wertes ihres jeweiligen gesetzlichen Erbteils zusteht. Hier könnte die Aufnahme einer Pflichtteilsstrafklausel im Testament die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen der Kinder im ersten Erbfall erschweren.
Das Gesetz erlaubt dem Erblasser auch die Anordnung, einen Erben gemäß
§ 2100 BGB in der Weise einzusetzen, dass er erst Erbe wird, nachdem zunächst ein anderer Erbe geworden ist. Über die Gestaltung einer solchen Vor- und Nacherbfolge kann der Erblasser über einen langen Zeitraum hinweg beeinflussen, wer Rechtsinhaber seines Vermögens wird.

Bei der Gestaltung der Nachfolgeplanung oder bei der Abfassung eines Testaments können auch steuerrechtliche Überlegungen eine Rolle spielen. Das Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetz sieht je nach Verwandtschaftsgrad deutlich unterschiedliche Freibeträge vor. Ehe- und Lebenspartnern wird ein Freibetrag von 500.000 €, Kindern jeweils von 400.000 €, Enkelkindern - sofern die die Kinder des Erblassers noch leben - von 200.000 €, ansonsten ebenfalls 400.000 €, Eltern und Großeltern von 100.000 € eingeräumt. Alle anderen Erben ohne bestehendes Verwandtschaftsverhältnis haben einen Freibetrag von 20.000 €. Wenn Vermögen über den jeweiligen Freibetrag hinaus geerbt wird, muss es versteuert werden. Dafür gibt es drei Steuerklassen, die je nach Verwandtschaftsgrad gestaffelt sind.

Die beschriebenen Freibeträge können allerdings mehrfach ausgenutzt werden. Schon zu Lebzeiten kann Vermögen an den Ehegatten übertragen werden. Ehepartnern und Kindern steht alle zehn Jahre ein Freibetrag in oben genannter Größenordnung zu. Einem Ehepartner kann das Eigenheim (unter bestimmten Voraussetzungen) auch steuerfrei geschenkt werden, sofern dieses den Mittelpunkt des familiären Lebens bildet. Ebenso kann Kindern schon zu Lebzeiten das elterliche Haus zu Eigentum übertragen werden, wobei sich die Eltern ein sogenanntes Nießbrauchsrecht oder ein Wohnungsrecht vorbehalten können. Im Unterschied zum Wohnungsrecht kann bei einem Nießbrauch das Eigenheim nicht nur selbst bewohnt, sondern auch vermietet werden. Den Eltern blieben also weiterhin etwaige Mieteinnahmen aus dem Objekt. Durch die Gestaltung von Rückforderungsrechten kann die Schenkung in bestimmten Fällen sogar wieder rückgängig gemacht werden.

Wie wird ein Testament abgefasst?

Hier sind eine ganze Reihe von Formerfordernisse zu berücksichtigen. Das eigenhändige Testament muss vom ersten bis zum letzten Buchstaben handschriftlich verfasst und unterschrieben sein. Die Zeit und der Ort der Niederschrift sollten in dem Testament festgehalten werden. Ansonsten kann es zu Schwierigkeiten kommen, ob durch ein späteres Testament das vorherige Testament tatsächlich ganz oder teilweise aufgehoben worden ist. Alternativ kann auch ein öffentliches Testament, also ein notarielles Testament errichtet werden. Dies geschieht in der Weise, dass der letzte Wille mündlich gegenüber einer Notarin oder einem Notar erklärt oder selbst schriftlich abgefasst und der Notarin oder den Notar übergeben wird. Notare sind verpflichtet, den Erblasser bei der Abfassung seines letzten Willens zu beraten und bei der Formulierung zu helfen. Das notarielle Testament wird zudem immer amtlich verwahrt und nach dem Tod des Erblassers eröffnet.


Dr. Schlüter
Notar und Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Medizinrecht

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