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Patientenrechtegesetz: Transparenz für Patienten oder "Zeitfresser" für Ärzte?

21.08.2015
von Dr. Christoph Schlüter
Medizin- Arzthaftungsrecht

Am 26.02.2013 ist das sogenannte "Patientenrechtegesetz" in Kraft getreten. Patientenrechte, bisher größtenteils durch die Rechtsprechung entwickelt, sind nunmehr durch eine ganze Reihe von Vorschriften (u.a. in den §§ 630 a. bis 630 h. Bürgerliches Gesetzbuch) gesetzlich geregelt worden. In der gemeinsamen Pressemitteilung der Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, des Bundesgesundheitsministers Daniel Bahr und des Patientenbeauftragten der Bundesregierung Wolfgang Zöller vom 23.05.2012 soll dieses Gesetz endlich für mehr Transparenz für Patienten sorgen. Nach einer in dieser Presseerklärung zitierten Studie sollen 6 von 10 Patienten ihre Rechte gar nicht oder nur unvollständig kennen. Viele Patienten würden die mangelnde oder ungenügende Information durch den Behandelnden beklagen. Das neue Patientenrechtegesetz würde nunmehr umfassende und verständliche Informationen für Patientinnen und Patienten bringen. In der Ärzte-Zeitung vom 10.04.2013 wird das  Patientenrechtegesetz hingegen als "Zeitfresser für viele Ärzte" bezeichnet.

Tatsächlich sind die schon vorhandenen Patientenrechte gesetzlich feiner herausgebildet worden. Durch das Patientenrechtegesetz und auch durch die bemerkenswerter Weise steigende Zahl von Haftungsfällen werden Ärzte und die verschiedenen am Markt agierenden medizinischen Einheiten u.a. ein immer größeres Maß an Dokumentation zu erfüllen haben. Das neue Gesetz enthält eine ganze Reihe von wichtigen Regelungen, die nachfolgend kurz dargestellt werden sollen:

1. Behandlungsvertrag
In § 630a BGB ist nunmehr ausdrücklich der Behandlungsvertrag zwischen Arzt und Patient geregelt. Selbstverständlich ist diese Regelung keineswegs, da das zivilrechtliche Behandlungsverhältnis stets auch von dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung überlagert ist. Die gesetzlich Krankenversicherten werden dies aus eigenem Erleben heraus wissen, dass sie von ihrem Arzt in der Regel keine Rechnung erhalten haben, sondern dass die Vergütung des Arztes auf anderem Wege erfolgt. § 630a BGB sieht weiter vor, dass die Behandlung stets nach dem zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen hat.

2. Ärztliche Informationspflichten
Nach § 630c BGB ist der Behandelnde verpflichtet, dem Patienten zu Beginn der Behandlung sämtliche wesentlichen Umstände der Behandlung verständlich zu erklären, insbesondere die Diagnose, insbesondere die Diagnose, die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung, die Therapie und die zu und nach der Therapie zu ergreifenden Maßnahmen. Sind für den Behandelnden Umstände erkennbar, die die Annahme eines Behandlungsfehlers begründen, hat er den Patienten über diese auf Nachfrage zu informieren. Es ist nunmehr in § 66 SGB V auch geregelt, dass die gesetzlichen Krankenkassen ihre Versicherten bei der Aufklärung eines Behandlungsfehlerverdachtes z.B. unter Ausfertigung eines ärztlichen Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen unterstützen sollen. Weiß der Arzt, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch etwa die gesetzliche Krankenversicherung nicht gesichert ist, so muss er den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung in Textform informieren.

3. Einwilligung
Nach § 630d BGB ist der Behandelnde verpflichtet, vor Durchführung einer medizinischen Maßnahme die Einwilligung des Patienten einzuholen. Der Patient kann hingegen nur dann wirksam einwilligen, wenn er vorher gemäß § 630e BGB über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufgeklärt worden ist. Dazu gehören insbesondere Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme. Verweigert ein Patient, trotz ärztlicher Aufklärung über mögliche Gesundheitsschädigungen bei ausbleibender Hilfe, z.B. aus religiösen Gründen, ausdrücklich und ohne Widerruf seine allgemeine oder spezifische medizinische Behandlung und ist er dabei im Besitz seiner geistigen Kräfte, so darf die ihm angebotene Behandlung nicht aufgezwungen und durchgeführt werden.

4. Dokumentation und Patientenakte
§ 630 f. BGB verpflichtet den Arzt eine Patientenakte elektronisch oder in Papierform zu führen. Der Behandelnde ist verpflichtet, in der Patientenakte sämtliche aus fachlicher Sicht für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse aufzuzeigen, insbesondere die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunden, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen. Arztbriefe sind in die Patientenakte aufzunehmen. Nachträgliche Änderungen müssen den konkreten Inhalt und den genauen Zeitpunkt der Änderung erkennen lassen.

5. Einsichtsrecht in Patientenakte
Nach § 630g BGB hat der Patient das Recht ein, Einblick in seine Patientenakte zu nehmen und ggfs. Abschriften aus der Aktenmappe in Papierform bzw. Duplikate der elektronischen Dokumentationen und Bilder gegen Auslagenersatz zu erhalten. Das Einsichts- und Duplizierrecht gilt auch für dessen Erben.

6. Beweislast
Auch nach dem neuen Patientenrechtgesetz hat der Patient - wie bisher auch - einen Behandlungsfehler nachzuweisen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein sogenannter grober Behandlungsfehler vorliegt, oder aber der Behandler für eine vorgenommene Behandlung nicht ausreichend befähigt gewesen war.

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