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Arbeitszeiterfassung – Was auf Betriebe zukommt

02.01.2023
von Caroline Koenigs
ARBEITSRECHT

Arbeitszeiterfassung – Was auf Betriebe zukommt

ARBEITSRECHT Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer müssen erfasst werden

 

Das Urteil

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Beschluss vom 13.09.2022 entschieden, dass Arbeitgeber gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet sind, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer einschließlich der Überstunden zu erfassen.

Bereits im Mai 2019 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), das Unternehmen die Arbeitszeiten ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mithilfe eines Zeiterfassungssystems erfassen müssen. Einzuhaltende Kriterien eines solchen Systems: Objektiv, verlässlich und zugänglich. Trotz dieser Entscheidung hat es in der Vergangenheit offenbar keinen Handlungsbedarf gegeben, diese Grundsätze in das nationale Recht zu übernehmen. Mit der Entscheidung des BAG aus September 2022 hat sich dies nun geändert.

Eher nebenbei stellte das BAG mit seiner Entscheidung fest, dass grundsätzlich die Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung schon immer bestanden hat. Denn in dem vom BAG verhandelten Fall ging es eigentlich darum, ob ein Betriebsrat die Einführung einer Zeiterfassung in einem Betrieb durch Initiativrecht erzwingen kann. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats lehnte das BAG aber ab, da ein solches nur bestehe, solange betriebliche Angelegenheiten nicht gesetzlich geregelt seien. Da aber § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG den Arbeitgeber ohnehin verpflichte, die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer zu erfassen, bestünde kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zur Einführung einer Arbeitszeiterfassung.

 

Ende der Vertrauensarbeitszeit?

Der Umstand, dass der Beschluss des BAG viele Monate lang ausschließlich als Pressemitteilung vorlag und erst am 03.12.2022 die Entscheidungsgründe veröffentlicht worden sind, förderte die Verunsicherung vieler, ob die Entscheidung das Ende der Vertrauensarbeitszeit bedeuten könnte.

Seit dem 03.12.2022 ist aber klar: Auch das Arbeiten unter Vertrauensarbeitszeit ist weiterhin möglich. Vertrauensarbeitszeit in diesem Zusammenhang bedeutet aber, dass die Arbeitnehmer ihre Arbeitszeiten eigenverantwortlich planen und dafür Sorge tragen, dass mit dem Arbeitgeber vereinbarte Zeitvolumen zu erfüllen.

Denn das BAG hat festgestellt, dass § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG den Arbeitgeber verpflichtet, ein „objektives, verlässliches und zugängliches System“ einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleisteten täglichen Arbeitszeiten gemessen werden können. Solange der Gesetzgeber (noch) keine konkretisierenden Regelungen getroffen hat, besteht für Arbeitgeber ein Spielraum, in dessen Rahmen unter anderem die Form des Zeiterfassungssystems festgelegt werden kann. Das bedeutet, die Zeiterfassung muss nicht ausnahmslos elektronisch erfolgen. Vielmehr ist auch eine Erfassung in Papierform ausreichend. Außerdem kann die Aufzeichnung der betreffenden Zeiten auch an die Arbeitnehmer delegiert werden.

Für die Vertrauensarbeitszeit bedeutet das also, dass der Arbeitgeber zwar nicht mehr darauf verzichten kann, die Arbeitszeit seiner Mitarbeiter zu erfassen. Die Flexibilität bleibt, nur muss eben eine Dokumentation hinzukommen. Aufgrund des (derzeit) noch bestehenden Gestaltungsspielraums kann die Zeiterfassung beispielsweise mittels kostenloser Apps oder schlicht in einer Excel-Tabelle durch die Arbeitnehmer selbst erfolgen.

 

Erster Gesetzesvorschlag für Anfang 2023 geplant

Auch wenn gar keine gesetzgeberische Pflicht zum Tätigwerden besteht, da sich die Verpflichtung zur Zeiterfassung bereits aus dem ArbSchG ergibt, hat das Bundesarbeitsministerium angekündigt, dass es ein neues Gesetz geben soll. Ein Vorschlag zur Ausgestaltung der Zeiterfassung sei bereits im ersten Quartal 2023 geplant.

Diese neuen Regeln zur Klarstellung der Arbeitszeiterfassung werden nun mit Spannung erwartet.

 

Caroline Koenigs

Rechtsanwältin

 

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