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Arbeitgeber aufgepasst im Urlaubsrecht!

15.02.2022
von Caroline Koenigs
ARBEITSRECHT Ein automatischer Verfall von Urlaubsansprüchen gehört der Vergangenheit an

Ein automatischer Verfall von Urlaubsansprüchen gehört der Vergangenheit an

Bislang konnte man davon ausgegangen, dass Urlaub, welcher bis zum Jahresende nicht gewährt und genommen worden ist, verfällt. Diese Annahme beruhte auf dem aus § 7 Abs. 3 Satz 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) hergeleiteten Grundsatz, dass Urlaub im laufenden Kalenderjahr genommen und gewährt werden muss.

Seit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), welche das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner Entscheidung vom 19. Februar 2019 umgesetzt hat, ist diese Annahme jedoch hinfällig. Denn der EuGH vertritt die Ansicht, Urlaubsansprüche könnten nur dann automatisch verfallen, soweit der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage war, seinen Jahresurlaub auch zu nehmen. Diese Möglichkeit bestünde nur dann, so der EuGH, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über die Folgen nicht genommenen Urlaubs aufklärt und ihn gegebenenfalls dazu auffordert, Urlaub zu nehmen.

Im Ergebnis kann der Verfall von Urlaubsansprüchen also nur dann eintreten, „wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt.“

Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers
Für Arbeitgeber bedeutet die neue Rechtsprechung, dass sie sich in Zukunft nur noch auf den automatischen Verfall der Urlaubsansprüche berufen können, wenn sie die Einhaltung der vom BAG aufgestellten Anforderungen nachweisen können. Denn das Fristenregime des § 7 Abs. 3 BUrlG wird nur aktiviert, wenn der Arbeitgeber seinen Hinweisobliegenheiten nachkommt. In diesem Zusammenhang ergeben sich für Arbeitgeber einige Probleme, die es zu beachten gilt, um den Anforderungen des BAG gerecht zu werden.

Inhalt der Mitteilung
Zunächst einmal muss die Mitteilung einen Hinweis auf die Anzahl der Urlaubstage beinhalten. Hier ist allerdings Vorsicht geboten, denn die falsche Konkretisierung oder falsche Informationen über die verbleibenden Urlaubstage könnten unter Umständen nicht die Rechtsfolgen des § 7 Abs. 3 BUrlG auslösen. Hier sollte also besonders sorgfältig gearbeitet werden. Wegen der erforderlichen Konkretisierung der Urlaubstage ist es ratsam, jeden Arbeitnehmer einzeln anzusprechen und diese Mitteilung nicht in ein Rundschreiben zu verpacken.

Im nächsten Schritt ist der Arbeitnehmer aufzufordern, den Urlaub zu nehmen.

Besonderes Augenmerk sollte in diesem Zusammenhang auf arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer gelegt werden. Grundsätzlich gilt: Kann der Arbeitnehmer seinen Urlaub aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Übertragungszeitraumes nicht nehmen, bleibt der Urlaubsanspruch als Freizeitanspruch zunächst erhalten. Weil sich bei Langzeiterkrankten die Urlaubsansprüche irgendwann ins unermessliche steigern würden, ist es aber zulässig und nunmehr gefestigte Rechtsprechung, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch spätestens 15 Monate nach Ablauf des entsprechenden Urlaubsjahres verfällt. Dies gilt auch, wenn die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers über diesen Zeitraum hinaus ununterbrochen andauert. Bisher von der Rechtsprechung allerdings noch ungeklärt ist, ob die 15-Monatsfrist bei Langzeiterkrankung oder dauerhafter Arbeitsunfähigkeit auch bei unterlassener Mitwirkung des Arbeitgebers gilt. Fordert der Arbeitgeber einen langzeiterkrankten Arbeitnehmer dazu auf, seinen Urlaub zu nehmen, könnte das als widersprüchliches Verhalten ausgelegt werden, wodurch möglicherweise nicht die gewünschte Rechtsfolge erzielt werden kann.

Als letztes ist der Arbeitnehmer über die Rechtsfolgen aufzuklären. Der Arbeitnehmer ist darauf hinzuweisen, dass der nicht genommene Urlaub am Ende des zulässigen Übertragungszeitraums oder am Ende des Arbeitsverhältnisses verfallen wird.

Form
Grundsätzlich kann die Mitteilung formlos erfolgen. Da die Darlegungs- und Beweislast bezüglich des „Ob“ und „Wie“ der Mitteilung jedoch bei dem Arbeitgeber liegt, sollte zumindest die Textform gewählt werden. Die Mitteilungen sind zudem in geeigneter Weise zu archivieren.

 

Caroline Koenigs
Rechtsanwältin

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