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Aktuelle arbeitsrechtliche Fragen in der Corona Krise

18.11.2020
von Dr. Christoph Schlüter
ARBEITSRECHT Aktuelle arbeitsrechtliche Fragen in der Corona Krise

Für viele Mitarbeiter und Unternehmen stellen sich eine ganze Reihe arbeitsrechtlicher Fragestellungen, denen wir nachfolgend nachgegangen sind:

1. Wie ist es bei einer angeordneten Quarantäne wegen einer tatsächlichen Erkrankung mit der Lohnfortzahlung?
Hat die Person eine bestätigte Infektion mit dem SARS-CoV-2 Virus und Krankheitssymptome, dann stellt der behandelnde Arzt eine AU-Bescheinigung aus. Es erfolgt Lohnfortzahlung gemäß § 3 EFZG für max. 6 Wochen durch den Arbeitgeber. Der Arbeitgeber hat keine Erstattungsmöglichkeit für die geleistete Lohnfortzahlung gegenüber einer behördlichen Stelle. Ab der 7. Woche erhält der Betroffene Krankengeld nach §§ 44, 47 SGB V.

Der Entgeltfortzahlungsanspruch setzt allerdings voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit unverschuldet ist. Wie dies in Einzelfällen bewertet wird, bleibt abzuwarten. Dieser Entgeltfortzahlungsanspruch könnte ausgeschlossen sein, wenn die Arbeitnehmerin trotz Warnung durch das Auswärtige Amt in ein so genanntes Risikogebiet reist und dort an Corona erkrankt.

2. Wie ist es, wenn mit der Lohnfortzahlung bei einer Quarantäne die nur wegen eines Verdachts ohne Krankheits­symptome angeordnet wird?
Wird ein Mitarbeiter nur wegen eines Verdachts ohne Krankheitssymptomen behördlich unter Quarantäne gestellt, §§ 28, 30 IfSG, so erhält er von seinem Arbeitgeber eine Entschädigung nach § 56 IfSG für max. 6 Wochen. In diesem Fall hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, die an den Arbeitnehmer geleisteten Zahlungen von der zuständigen Behörde gemäß § 56 IfSG erstattet zu bekommen oder hierauf einen Vorschuss zu erhalten. Vom Beginn der 7. Woche an wird - bei fortgesetzter Quarantäne - die Entschädigung in Höhe des Krankengeldes durch den Staat entsprechend §§ 44, 47 SGB V gewährt.

Personen, die sich in einer behördlich angeordneten Quarantäne befinden, aber keine Krankheitssymptome haben, darf der Arzt keine AU Bescheinigung ausstellen. Das gilt auch, wenn die Person auf das SARS-CoV-2 Virus positiv getestet worden sind, aber eben keine Krankheitssymptome hat. In diesem Fall besteht jedoch die Möglichkeit, dass der Patient den behördlichen Bescheid über die Anordnung der Quarantäne beim Arbeitgeber einreicht, um diesen die Regressmöglichkeit gegenüber der zuständigen Behörde zu ermöglichen.

Sobald eine Person, die bisher symptomfrei war, während der Quarantäne aber erkrankt, besteht von diesem Zeitpunkt an Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit. In dem Fall wäre dann eine AU Bescheinigung durch den Arzt erforderlich.

3. Bestehen Ausgleichs­möglichkeiten für Selbständige, wenn eine Quarantäne angeordnet wird und dadurch ein Verdienst­ausfall entsteht?
Nach § 56 Abs. 3 S. 4 IfSG richtet sich die Entschädigungsregelung entsprechende Entschädigungszahlung für Arbeitnehmer auch nach § 56 Abs.3 Satz 4 IfSG.

4. Wie verhält es sich, wenn eine Schule oder eine Kita schließt und die Betreuung der eigenen Kinder in dieser Zeit notwendig wird?
Bei Erkrankung eines Kindes, der Schließung einer Schule oder einer Kindertagesstätte entsteht unmittelbar ein Betreuungsbedarf.

In diesem Fall müssen die Eltern zunächst alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, die Kinderbetreuung anderweitig sicherzustellen. Kann die erforderliche Kinderbetreuung auch dann nicht sichergestellt werden, besteht wohl ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers. Er ist er nicht verpflichtet Urlaub zu nehmen.

Bei einem solchen Leistungs­verweigerungsrecht des Betroffenen aus persönlichen Hinderungsgründen besteht nur unter engen Voraussetzungen ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts.

Arbeitnehmer, die aus persönlichen Gründen eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit an der Erbringung ihrer Dienstleistung verhindert werden, können gemäß § 616 BGB einen Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung haben. Hierzu muss die Arbeitsleistung aber unmöglich oder unzumutbar sein. Ob die behördlich angeordnete Schließung einer Schule oder Betreuungseinrichtung einen persönlichen Hinderungsgrund im Sinne des § 616 BGB begründet, ist zweifelhaft. Die Norm ist jedenfalls nicht einschlägig, wenn die Schließung länger dauert, als der Arbeitnehmer typischerweise benötigt, um eine anderweitige Kinderbetreuung zu organisieren. Voraussetzung bei der Pflege von Kindern ist ferner, dass keine andere im Haushalt lebende Person des Kindes leben darf, so dass per se nur ein Arbeitnehmer pro Haushalt von der Arbeitspflicht befreit werden kann. Eine Unzumutbarkeit ist unter anderem nur dann zu bejahen, wenn bei einer Abwägung der der persönlichen Sphäre des Arbeitnehmers zuzuordnenden Umständen gegenüber den Arbeitspflichten Vorrang einzuräumen ist. Für Betreuungsfälle besteht seit dem 30.03.2020 gemäß § 56 Abs. 1a IfSG ein Entschädigungsanspruch für Erwerbstätige.

Zudem kommt ein gesetzlicher Anspruch auf Krankengeld gegenüber dem Sozialversicherungsträger nach § 45 SGB V in Betracht. Ist also das eigene Kind erkrankt, so steht es Eltern zu, eine Zeit lang zu Hause zu bleiben und das Kind zu versorgen. Dieser Anspruch ist pro Kind und Elternteil auf jeweils 10 Arbeitstage - bei allein Erziehenden auf 20 Arbeitstage - begrenzt. Der Arbeitgeber hat Anspruch auf einen Nachweis, der belegt, dass das Kind pflegebedürftig ist.

5.Verliert ein Mitarbeiter seinen Lohnanspruch, wenn ein Betrieb wegen Corona schließen muss?
Kann ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer unverschuldet nicht beschäftigen, etwa aufgrund einer angeordneten Betriebsschließung, ist er grundsätzlich zur Lohnfortzahlung verpflichtet und die Mitarbeiter erhalten ihr Gehalt als Annahmeverzugslohn gemäß § 615 BGB. Diese Rechtslage wird mit dem Begriff der sogenannten Betriebsrisikolehre, § 615 S. 3 BGB beschrieben. Hiervon wird nur dann eine Ausnahme gemacht, wenn durch die Entgeltfortzahlung die Existenz des Unternehmens gefährdet würde.

6. Urlaub und Quarantäne
Ist Urlaub gewährt, dann kann ein Arbeitnehmer den Urlaub nicht einseitig widerrufen, auch dann nicht, wenn eine Quarantäne angeordnet worden ist. Nur in Notfällen hat ein Arbeitnehmer das Recht, eine Veränderung des bereits genehmigten Urlaubs von seinem Arbeitgeber zu fordern. Ein solcher Notfall liegt aber wohl nicht vor, nur weil ein Arbeitnehmer eine bereits geplante Urlaubsreise aufgrund einer angeordneten Quarantäne nicht antreten kann. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein Arbeitnehmer während eines genehmigten und angetretenen Urlaubs erkrankt. Insoweit werden die Krankheitstage nicht auf den Jahresurlaub angerechnet, sofern der Arbeitnehmer durch ärztliches Attest nachweisen kann, dass er arbeitsunfähig erkrankt gewesen war.“

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