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Vorfälligkeitsentschädigung und Vorfälligkeitsentgelt – ein mitunter teures Verwirrspiel

26.09.2018
von Maren Waruschewski
Bank- Kapitalmarktrecht

Wir haben ein Verfahren vor dem Landgericht Oldenburg unter dem Aktenzeichen 3 O 1279/18 geführt, in dem es um die Frage der Abgrenzung von Vorfälligkeitsentschädigung und Vorfälligkeitsentgelt mit den jeweils verschiedenen Berechnungsmöglichkeiten und den damit verbundenen zum Teil gravierend höheren finanziellen Belastungen der Darlehensnehmer ging.

Beklagte war die Landessparkasse zu Oldenburg, die als Darlehensgeberin im Rahmen eines Aufhebungsvertrages den Darlehensnehmer dazu verpflichtet hatte, eine Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen. Sie stellte aber einen Betrag in Rechnung der für den Darlehensnehmer viel zu hoch war. Denn die im aufzulösenden Darlehensvertrag vereinbarten Sondertilgungsrechte wurden nicht berücksichtigt. Hiergegen wehrte sich die Darlehensnehmerin und verlangte den zu viel gezahlten Betrag zurück. Die Landessparkasse zu Oldenburg hielt der Darlehensnehmerin entgegen, es handele sich bei dem errechneten Betrag nicht um eine Entschädigung, sondern um ein Vorfälligkeitsentgelt, das sie bemessen könne, wie sie es wolle, solange es nicht sittenwidrig sei.

Hierbei ist grundsätzlich richtig, dass es einen Unterschied macht, ob der Darlehensnehmer eine Vorfälligkeitsentschädigung oder aber ein Vorfälligkeitsentgelt zu zahlen hat. Eine Vorfälligkeitsentschädigung ist der Schaden, der dem Kreditinstitut aus der vorzeitigen Kündigung des Darlehensvertrages durch den Darlehensnehmer
entsteht. Zu erstatten sind die Zinsen, die bis zur ordnungsgemäßen Vertragsbeendigung aufgelaufen wären (vgl. OLG Oldenburg, Urt. v. 04.07.2014, Az. 6 U 236/13). Diese rechtlich geschützte Zinserwartung wird durch vereinbarte Sondertilgungsrechte begrenzt. Sondertilgungsrechte begründen ein kündigungsunabhängiges Teilleistungsrecht des Darlehensnehmers zur Rückerstattung der Valuta ohne Verpflichtung zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung.

Die Pflicht zur Zinszahlung für den getilgten Anteil der Valuta endet nach der ungeschriebenen Regel des Darlehensrechts, wonach die Zinspflicht vom Bestand der Kapitalschuld abhängig ist, im Zeitpunkt der Rückzahlung. (vgl. BGH, Urt. v. 19.01.2016, Az. XI ZR 388/14). Das bedeutet, dass das jährliche Sondertilgungsrecht im Rahmen der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung berücksichtigt werden muss und die Höhe der Entschädigung schmälert. Bei einem Vorfälligkeitsentgelt ist das anders. Denn dieses fällt an, wenn eine Bank die vorzeitige Rückzahlung eines grundpfandrechtlich gesicherten Festzinskredits annimmt, obwohl der Kreditnehmer kein Kündigungsrecht hat. Sie ist nicht an die Grundsätze zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung gebunden. (vgl. Internetseite der
BaFin). Aber, und das spiegelte auch die landgerichtliche Entscheidung wieder, die Bank muss sich an das halten, was sie selbst wollte.

Wenn die Bank also wie in unserem Fall mit dem Kunden die Zahlungeiner Vorfälligkeitsentschädigung vereinbart, also diesen Begriff im Schriftverkehr gegenüber dem Kunden verwendet, dann muss sie sich auch hieran festhalten lassen. Der juristische Laie kann den Unterschied der Begriff nicht von sich aus kennen. Es muss ihm dargestellt und erklärt werden. Die Landessparkasse zu Oldenburg musste also im Ergebnis die Vorfälligkeitsentschädigung neu
berechnen, und zwar unter Berücksichtigung des vereinbarten Sondertilgungsrechts. Und das obwohl es sich um einen Aufhebungsvertrag handelte.

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