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Personalgespräch während der Arbeitsunfähigkeit – Wie weit geht das Weisungsrecht des Arbeitgebers?

13.02.2017
von Dr. Christoph Schlüter
Arbeitsrecht

Das Bundesarbeitsgericht hat sich mit Urteil vom 2. November 2016,10 AZR 596/15, damit auseinandergesetzt, ob während einer Arbeitsunfähigkeit ein Personalgespräch geführt werden kann. In jenem Fall ging es darum, dass ein Mitarbeiter die Entfernung einer Abmahnung aus seiner Personalakte begehrt hatte. Der Mitarbeiter ist bei der Beklagten, die in u.a. Berlin mehrere Krankenhäuser betreibt, seit einigen Jahren angestellt. Zunächst war er als Krankenpfleger tätig und wurde dann befristet bis zum 30.12.2013 als Medizinischer Dokumentationsassistent (MDA) in einem Klinikum eingesetzt. Vom 29.11.2013 bis 21.02.2014 war dieser Mitarbeiter arbeitsunfähig krank. Die Arbeitgeberinnen lud Ihnen mit Schreiben vom 18.12.2013 zu einem Gespräch am 06.01.2014 ein. In der Betreffzeile dieser Einladung hieß es: „Beschäftigung als MDA“. Der Mitarbeiter hatte das Gespräch per Telefax unter Verweis auf seine ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit abgesagt. Unter dem 24.01.2014 hatte die Arbeitgeberinnen ein inhaltlich identisches Einladungsschreiben verfasst. Diesem Schreiben war der Hinweis hinzugefügt, der Mitarbeiter habe gesundheitliche Gründe, die ihn an der Wahrnehmung dieses Termins hinderten, durch Vorlage eines speziellen ärztlichen Attests nachzuweisen. Die vorliegende allgemeine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung reiche hierfür nicht aus. Auch die Teilnahme an diesem Gespräch hatte der Mitarbeiter unter Hinweis auf seine weiterhin bestehende Arbeitsunfähigkeit abgelehnt. Daraufhin mahnte der Arbeitgeber dieses Verhalten ab.

Der Mitarbeiter setzte sich in diesem Verfahren durch. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Führung von Personalgesprächen während der Arbeitsunfähigkeit klar dargestellt.


1. Grundsätzlich kein Gespräch während der Arbeitsunfähigkeit

Das Bundesarbeitsgericht hat in der genannten Entscheidung ausgeführt, dass ein durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhinderter Arbeitnehmer regelmäßig nicht verpflichtet sei, auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb zu erscheinen, um dort an einem Gespräch zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeiten teilzunehmen. Während der Dauer einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit habe der Arbeitgeber kein Weisungsrecht gemäß § 106 GewO in Bezug auf die Arbeitspflicht als Hauptleistungspflicht sowie die unmittelbar damit zusammenhängenden Nebenleistungspflichten, die der Arbeitspflicht nahekämen oder sogar Bestandteil der arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflicht seien und ausschließlich den Interessen des Arbeitgebers dienen würden. 

2. Ausnahme

Ein Arbeitgeber kann jedoch – so das BAG - Weisungen an einen arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer vornehmen, wenn ein dringender betrieblicher Anlass gegeben ist. Ein solcher dringender betrieblicher Anlass für die Weisung an einen arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer, mit dem Arbeitgeber ein kurzes Personalgespräch zu führen, könne gegeben sein, wenn der Arbeitnehmer über Informationen zu wichtigen betrieblichen Abläufen oder Vorgängen verfügt, ohne deren Weitergabe dem Arbeitgeber die Fortführung der Geschäfte erheblich erschwert oder gar unmöglich würde. Voraussetzung für eine solche Weisung sei allerdings stets, dass das Personalgespräch nicht auf einen Zeitpunkt nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit unaufschiebbar und dem Arbeitnehmer zumutbar ist. Dabei dürfe der Arbeitgeber den arbeitsunfähigen Arbeitnehmer nur dann anweisen, zu dem Personalgespräch im Betrieb zu erscheinen, wenn die persönliche Anwesenheit des Arbeitnehmers im Betrieb dringend erforderlich sei und ihm zugemutet werden könne.

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