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Fehlerhaft operatives Vorgehen bei kosmetischer Operation

20.01.2017
von Dr. Christoph Schlüter
Medizinrecht

Das Oberlandesgericht Hamm hat mit Urteil vom 18.12.2015, 26 U 127/15, entschieden, dass sich die Frage nach einem fehlerhaften operativen Vorgehen bei einer rein kosmetischen Operation danach beurteile, was die Parteien zuvor vereinbart haben. Entscheidend ist demnach, welches ästhetische Ziel mit der Operation erreicht werden sollte.

Die 1966 geborene Klägerin hatte sich bei ihrem Arzt vorgestellt, um sich bezüglich einer Behandlung ihrer altersbedingt erschlafften Gesichtshaut im Hals- und Gesichtsbereich beraten zu lassen. Der Arzt untersuchte die Klägerin, beriet diese und erstellte sodann einen Kostenvoranschlag. Einige Monate später klärte der Arzt die Klägerin unter Zuhilfenahme von Aufklärungsbögen, in die er die vorgesehene Schnittführung eintrug, über die vorgesehen Operation und die damit verbundenen Risiken auf. Insgesamt rechnete der Arzt einen Betrag in Höhe von 6.176,33 € ab.

Die Klägerin war mit dem Ergebnis der Operation nicht zufrieden. Nach umfangreicher Beweisaufnahme kam das Oberlandesgericht Hamm zu dem Ergebnis, dass ein Behandlungsfehler nicht vorgelegen hatte. Dabei hat das Gericht ausgeführt, dass es darauf ankomme, welches ästhetische Ziel mit der Operation hätte erreicht werden sollen. Die in dem Aufklärungsbogen enthaltenen Einzeichnungen zur Schnittführungen würden gerade der Veranschaulichung der Narbenführung dienen. Die Zeichnungen würden hingegen nicht die Länge der Narben selbst festlegen. Auch könnten keine Fehler im Schläfenbereich festgestellt werden. Die Verabredung, dass ein sogenanntes Schläfenlift hätte durchgeführt werden sollen, sei nicht erwiesen worden. Ebenso wenig konnte der Sachverständige in jenem Verfahren Fehler in der Schnittführung an den Ohren feststellen. Bei dem Verziehen von Ohrläppchen handele es sich um einen nicht ungewöhnlichen Vorgang als Folge des Zuges an der Haut. 

Ein als unästhetisch empfundenes Operationsergebnis lasse einen Rückschluss auf einen Behandlungsfehler nicht zu. 

Die tiefliegende Naht sei ebenfalls nicht durch einen behandlungsfehlerhaft zu tiefen Nahtansatz hervorgerufen, sondern auch durch ein nicht behandlungsfehlerhaftes, als Komplikation zu bewertendes Absacken der Naht nach der Operation verursacht worden.

Darüber hinaus hatte sich das Gericht in diesem Fall noch einmal eingehend mit der gesteigerten Aufklärungsverpflichtung des Arztes bei kosmetischen Operationen befasst. So hat das Gericht ausgeführt, dass der Patient über die Erfolgsaussichten und etwaige schädliche Folgen des Eingriffes umso ausführlicher und eindrücklicher informiert werden müsse, je weniger der Eingriff medizinisch geboten sei. Dies würde im besonderen Maße für kosmetische Operationen gelten, die nicht, jedenfalls nicht in erster Linie der Heilung eines körperlichen Leidens dienen, sondern eher einem psychischen und ästhetischen Bedürfnis. Der Patient müsse in diesen Fällen darüber unterrichtet werden, welche Verbesserungen er günstigendenfalls erwarten kann, und ihm müssten etwaige Risiken deutlich vor Augen geführt werden, damit er genau abwägen kann, ob er einen etwaigen Misserfolg des ihn immerhin belastenden Eingriffs und darüber hinaus sogar bleibende Endstellungen oder gesundheitlich Beeinträchtigungen in Kauf nehmen will, selbst wenn diese auch nur entfernt als eine Folge des Eingriffs in Betracht kommen. Noch weniger als sonst sei es selbstverständlich, dass er in Unkenntnis dessen, worauf er sich einlässt, dem ärztlichen Eingriff zustimme, und es gehöre andererseits zu der besonderen Verantwortung des Arztes, der eine kosmetische Operation durchführt, seinem Patienten das Für und Wider mit allen Konsequenzen vor Augen zu führen.

Der Senat hielt im Ergebnis diese Gegebenheiten und Anforderungen vorliegend für erfüllt.

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