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Entbindung in einem Geburtshaus.

21.08.2015
von Dr. Christoph Schlüter
Medizin- Arzthaftungsrecht

Kann ein Gynäkologe verpflichtet sein, von einer Entbindung in einem Geburtshaus abzuraten?

Das OLG Naumburg hatte sich in einem aktuellen Urteil vom 16.01.2014, Az: 1 U 78/12, mit der Frage auseinander zu setzen gehabt, ob einem betreuenden Gynäkologen die Verpflichtung obliegt, von einer Entbindung in einem Geburtshaus abzuraten. Um was ging es?

Die Klägerin in jenem Prozess war am 13.03.1997 in einem Geburtshaus geboren worden. Während des Geburtsvorganges kam es zu dem Eintritt einer sogenannten Schulterdystokie. Hierunter versteht man eine nach der Geburt des kindlichen Kopfes auftretende inkorrekte Einstellung der kindlichen Schultern in das Becken der Mutter. Mit anderen Wort ist der Kopf geboren, das Neugeborene atmet, aber die Schultern folgen trotz heftigem Ziehen nicht nach. Die Schulterdystokie erfordert regelmäßig sofortiges Handeln, da es fast zeitgleich zu einer Sauerstoffmangel beim Kind kommen kann. Die Klägerin hatte ein Geburtsgewicht von 4.685 g und eine Länge von 54 cm bei einem Kopfumfang von 36 cm. Die Klägerin zeigte nach der Geburt eine sogenannte erb`sche Lähmung. Nach den Ausführungen des Sachverständigen entsteht eine solche Lähmung regelmäßig dann, wenn am Kopf des Kindes zu sehr gezogen wird oder wenn es durch übergroßen Kraftaufwand zum Zerbrechen des Schlüsselbeines kommt.

Das Kind hatte in jenem Prozess vortragen lassen, dass der betreuende Gynäkologe nicht erkannt hatte, dass bei ihr mit ein zu hohes Körpergewicht, eine fetale Makrosomie vorgelegen hatte. Hätte er dies erkannt, dann hätte er ihre Mutter über das dadurch entstehende Geburtsrisiko aufklären und darauf hinweisen müssen, dass bei einer Risikogeburt eine solche in einem Geburtshaus nicht in Betracht komme. Es hätten weitere sonographische Kontrollbefunde erhoben werden müssen.

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Hiergegen hatte die Klägerin Berufung eingelegt. Das OLG Naumburg hatte ein Sachverständigengutachten eingeholt und in seinem Urteil sich mit grundlegenden Fragen aus dem Bereich des Behandlungsfehlerrechts auseinandergesetzt. Dabei hat das Gericht ausgeführt, dass ein Befunderhebungs- bzw. Diagnosefehler vorliegend nicht hätte festgestellt werden können. Alle nach der Mutterschaftsrichtlinie vorzunehmenden Untersuchungen seien von dem betreuenden Gynäkologen durchgeführt worden. Ansätze für eine Risikogeburt habe es nicht gegeben. Aus diesem Grund hätte der behandelnde Arzt auch nicht von einer Geburt im Geburtshaus abraten brauchen.

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