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Behandlungsalternativen. Worüber muss ein Arzt aufklären?

01.12.2017
von Dr. Christoph Schlüter
Medizinrecht

Nur eine vollständige Aufklärung über die Risiken und Alternativen eines ärztlichen Eingriffes wahrt das Selbstbestimmungsrecht des Patienten. In einer recht aktuellen Entscheidung hat sich das Kammergericht Berlin (Urteil vom 13.03.2017, 20 U 238/15, GesR 2017, S.709) mit der Thematik der ordnungsgemäßen Aufklärung auseinanderzusetzen gehabt.

Worum ging es?

Bei dem dortigen Kläger war wegen aufgetretener Herzrhythmusstörungen eine elektrophysiologische Herzkatheruntersuchung und im Anschluss daran eine Katheterablation (Radiofrequenztherapie) durchgeführt worden. Bei dieser Maßnahme erlitt der Kläger eine vollständige Blockierung der Überleitung zwischen Vorhof und Kammer des Herzens. In Folge dieser Entwicklung musste bei ihm ein Herzschrittmacher eingesetzt werden. Der Kläger hatte ein Schmerzensgeld in Höhe von 40.000,00 € geltend gemacht. Das Landgericht Berlin hatte die Klage abgewiesen, da Behandlungsfehler nicht ersichtlich seien. Zudem sei er auch ordnungsgemäß aufgeklärt worden.

Die von dem Kläger eingelegte Berufung hatte Erfolg. Das Kammergericht Berlin kam zu dem Ergebnis, dass die Arztseite nicht bewiesen habe, den Kläger auch über Behandlungsalternativen zu der durchgeführten elektrophysiologischen Herzkatheruntersuchung aufgeklärt zu haben. Der Sachverständige hatte dabei ausgeführt, dass für diese Untersuchung keine absolute Indikation vorgelegen habe. Eine elektrophysiologische Herzkatheruntersuchung sei nur dann indiziert, wenn eine nachhaltige Tachykardie (Herzrasen) vorliegt, die durch eine Katheterablation behebbar ist oder wenn die Ablation dem Wunsch des Patienten nach definitiver Diagnose und nachhaltiger Therapie der Herzrythmusstörungen entspreche. In diesem Fall müsse der Arzt dem Patienten erklären, dass die elektrophysiologische Herzkatheruntersuchung nicht zwingend erforderlich ist und auch andere Methoden zur Verfügung stehen, die zur Heilung führen könnten. Es sei Sache des Patienten zu entscheiden, welche Behandlungsmöglichkeit gewollt ist. Voraussetzung hierfür sei, dass für eine medizinisch sinnvolle und indizierte Therapie mehrere gleichermaßen indizierte und übliche Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Würden diese jedoch zu unterschiedlichen Belastungen des Patienten führen können und unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen aufweisen, dann müsste dies genau dargestellt werden. Entscheidet sich dann ein Patient dann für die invasive Methode, dann müsse der Arzt dem Patienten erklären, dass der gewünschte Eingriff kein Muss ist und das es weniger belastende Alternativen gibt. Diese Alternativen hatte es vorliegend gegeben. Neben dem invasiven Eingriff wäre auch eine medikamentöse Behandlung möglich gewesen. Denkbar wäre sogar auch gewesen, nichts zu unternehmen.

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